Die Philippinen: Zwischen Regenwald und Strand

Liebe Leser,

Nach langer Zeit melde ich mich endlich mal wieder zurück. Ich musste selbst kurz nachsehen: Den letzten Blogartikel schrieb ich vor einem Jahr, im Dezember 2021, über meine Reise nach Namibia. Seither war ich wegen der Expo in Dubai und für berufliche Projekte in Belize und Uganda (dort habe ich ein kleines Video gedreht). Doch ich habe mich entschieden, nicht mehr jede Reise zu dokumentieren, besonders wenn ich beruflich unterwegs bin und unterwegs kaum Zeit habe.

In diesem Monat jedoch bin ich endlich mal wieder privat auf Reisen, und zwar in den Philippinen. Das Land hatte ich ja schon länger im Kopf, weil mir auch Indonesien damals sehr gut gefiel. Und ich freue mich riesig, mal wieder als Backpacker unterwegs zu sein und planlos von Hostel zu Hostel durch das Land zu ziehen.

Vor fast zwei Wochen erreichte ich die Philippinen von Berlin über Singapur. Ich landete in Cebu, einer großen Stadt im Süden des Landes. Der Flughafen befindet sich auf der kleinen Insel Mactan, auf der im Jahre 1521 Magellan ums Leben kam. Den ersten Tag verbrachte ich in Cebu City, einer großen und bunten Stadt, in der ich mich sofort wohlfühlte. Ich kenne solche Städte von früheren Reisen: die vollen Straßen, die bunten und chaotischen Märkte, die bis spät in die Nacht offen sind, der undurchsichtige Verkehr und das Streetfood, das man an jeder Ecke kaufen kann. Und noch etwas fühlte sich für mich vertraut an: die Freundlichkeit der Menschen, die mir bereits in Indonesien und Bangladesch auffiel. Ich habe mich sofort willkommen und nie unsicher gefühlt. Ja, als Ausländer in einer eher untouristischen Stadt wird man schon beobachtet, jedoch mit einer verstohlenen Neugier und einem freundlichen Lächeln, niemals auf unangenehme Weise. Jüngere Mädchen tuscheln auch mal hinter vorgehaltener Hand und brechen in Gelächter aus, wenn ich rüberschaue – aber wenn ich Menschen anspreche oder Hilfe brauche, sind alle sofort sehr offen und freundlich. Den ersten Tag verbrachte ich mit Aki, einem Japaner, und J (kurz für Joyce) aus Manila, die ich im Hostel traf. Wir besuchten einige der alten Gebäude, die die Spanier hier hinterließen. Hauptsächlich sind das katholische Kirchen, in denen viele Einheimische kleine Kerzen anzünden und beten. In einer kleinen Kapelle im Stadtzentrum steht sogar noch das (angeblich) originale Kreuz, das Magellan für die Taufe der Einheimischen nutzte. Am Nachmittag nahmen wir ein Taxi zum Cebu Taoist Tempel, einem taoistischen Tempel hoch in den Bergen vor den Toren der Stadt. Von dort wanderten wir stundenlang ins Stadtzentrum zurück, besuchten unterwegs Märkte, die Universität der Stadt und ein sehr verwinkeltes, eher ärmliches Stadtviertel, in dem sich kleine provisorische Blechhütten neben- und übereinander stapelten. Selbst hier wurden wir freundlich willkommen geheißen, die Bewohner lächelten uns an und begrüßten uns – und ließen uns ohne weiteres unserer Wege ziehen.

Nach diesem sehr beeindruckenden ersten Tag nahm ich einen Bus zum kleinen Ort Moalboal, rund drei Stunden von Cebu entfernt. Ich wusste bereits, dass dieser Ort touristisch sehr überlaufen sein würde, da sich direkt am Strand eine tiefe Unterwasser-Klippe befindet, an der Sardinenschwärme mit über einer Million Tiere entlangziehen. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen und so besuchte ich, wenn auch mit ungutem Gefühl, den Ort. Direkt nach meiner Ankunft wäre ich am liebsten wieder umgekehrt. Der Ort war voller Touristen, bunter Restaurants und Einheimischer, die an jeder Ecke Touren zu verkaufen versuchten. Trotzdem machte ich mich zu Fuß auf den Weg, um den Ort besser kennenzulernen. Und tatsächlich, es dauerte nicht lang, bis ich mich doch sehr wohlfühlte. Denn der Ort hatte seinen authentischen Kern nicht eingebüßt, auch hier gab es kleine Streetfood-Büdchen, lokale Restaurants und jede Menge freundlicher Menschen, mit denen man ins Gespräch kommen konnte. Dafür musste ich nur die kleineren Straßen abseits der Hauptstraße bewandern. Der Ort wurde letztes Jahr von einem Taifun getroffen und die Spuren der Verwüstung zeichneten sich immer noch überall ab. Viele Gebäude liegen nach wie vor in Trümmern, auch wenn das Leben der Bewohner doch wieder einen alltäglichen Gang geht.

Wenige Stunden nach mir erreichte auch J den Ort. Da wir uns ja schon aus Cebu City kannten, beschlossen wir am nächsten Tag das Hinterland mit einem Moped zu erkunden. Mit dem Mietfahrzeug fuhren wir steile Berge hinauf, bis die Straßen irgendwann nur noch Staub oder Schlamm waren und wir uns zur Umkehr gezwungen sahen. Dieser Tag gab mir eine gute Einführung in die philippinische Lebensweise. Erneut besuchten wir große Märkte, auf denen Fisch und Fleisch angeboten wurde. Wir erkundeten die bewaldete Berglandschaft und den Hafen von Moalboal. Zwei Erlebnisse bleiben mir dabei in besonderer Erinnerung. Auf einem kleinen Friedhof fanden wir ein Huhn, das in einem offenen Grab zwischen den Knochen sein Nest errichtet hatte und friedlich seine Eier ausbrütete. Und auf dem Markt probierte ich eine landestypische Mahlzeit namens Balut. Es handelt sich um befruchtete Enteneier, in denen für ca. 17 Tage das kleine Entlein heranwächst – es wird dann lebend gekocht. Öffnet man das Ei an der Spitze, erwarten einen die drei Bestandteile der Mahlzeit: Eine „Suppe“ – also eine leicht salzige Flüssigkeit, mit der ein Ei natürlicherweise gefüllt ist. Weiterhin das Eigelb, dass hart gekocht sehr an das uns bekannte Eigelb der Hühnereier erinnert. Und dann das kleine Entlein selber, sozusagen der Fleischanteil der Mahlzeit. Es ist schon sichtbar herangewachsen, hat Federn, einen Schnabel und Krallen. Alles ist aber noch extrem weich und kann ohne große Mühe zerkaut werden. Von neugierigen Blicken beobachtet, versuchte ich, ein Balut zu essen. Ich schaffte es zwar, mit einem großen Bissen, das Entlein zu verspeisen, musste dann aber abbrechen, weil ich mich sonst vermutlich übergeben hätte.

In Moalboal verbrachte ich anschließend einen Tag tauchend im Riff. Besonderes Highlight war für mich zum einen ein riesiger Sardinenschwarm, den wir für eine ganze Zeit begleiteten. Bei einem zweiten Tauchgang erkundeten wir eine Steilwand weiter vor der Küste, wo sich zwischen bunten Korallen viele Fische tummelten. Ich habe mir extra für das Tauchen eine GoPro gekauft. Von den Bildern bin ich jedoch recht enttäuscht gewesen. Ich glaube, dass ich die Kamera vor den Tauchgängen falsch eingestellt habe. Der nächste Tauchgang wird zeigen, ob es wirklich die Einstellungen sind oder ob die GoPro doch eher Elektroschrott ist, den ich möglichst schnell weiterverkaufen muss. Abgesehen von diesem Missgeschick genoss ich die Zeit in Moalboal sehr.

Anschließend machte ich mich per Bus und mehreren Fähren auf den Weg nach Siquijor. Die kleine Insel südlich von Cebu ist noch sehr unberührt und hat den Ruf, mit besonders schöner Natur aufzuwarten. Außerdem leben hier angeblich viele Geistheiler und Voodoo-Hexen. J war bereits am Vortag auf der Insel angekommen und holte mich spät abends mit dem Moped von der Fähre ab. Es folgten zwei wunderschöne Tage, in denen wir mit dem Moped die gesamte Insel erkundeten. Wir fuhren kreuz und quer, besuchten Wasserfälle und den Mt. Bandilaan Nationalpark, in dem man über eine winzige Piste sogar den höchsten Punkt der Insel erreicht. Besonders schön fand ich es, stundenlang durch versteckte Dörfer im Wald zu fahren. Oft hielten wir an, weil ich irgendetwas entdeckt hatte, was meine Neugier weckte. So beobachteten wir für eine Weile einen Rinderpflug auf dem Reisfeld oder ließen uns von einigen Dörflern stolz den Kampfhahn präsentieren. Mitten in der Nacht machten wir uns dann nochmal auf den Weg, die Insel komplett zu umrunden. Das dauerte circa vier Stunden, war jedoch ein besonders eindrückliches Erlebnis. Denn an diesem Tag gab es auf der Insel Feierlichkeiten und ich ließ mir verschiedene Glücksspiele erklären. Einmal gewann ich sogar 100 Pesos bei einem Einsatz von 20 Pesos. Im nächsten Durchlauf verlor ich jedoch sofort wieder alles. Etwa eine Stunde vor unserer Rückkehr gerieten wir dann in einen sintflutartigen Regen und mussten unter einem Vordach Unterschlupf suchen. Hier schlief ich ein paar Minuten, bis wir uns entschlossen, trotz Regen weiterzufahren. Mehr blind als sehend steuerte ich das Moped heimwärts, zum Glück ohne Unfall.

Die Insel Siquijor kann ich Reisenden voll und ganz empfehlen. Es ist wirklich ein landschaftlich beeindruckender Ort und die Menschen sind extrem offen und freundlich. Wir wurden sogar spontan auf eine Familienfeier eingeladen, tranken und tanzten mit Freunden und Verwandten einer jungen Studentin, die gerade ihren Abschluss feierte. Für mich war es besonders schön, dass ich hier mit J unterwegs sein konnte. Sie erklärte mir viel über die philippinische Lebensweise, sodass ich mich jetzt doch schon wie ein echter Kenner des Landes fühle (vermutlich trotzdem noch zu Unrecht). Nur einen Geisterheiler oder eine Hexe konnten wir nicht finden, obwohl wir danach suchten. Vielleicht ist das doch eher ein Ruf, den die Insel hat und nicht wirklich eine Tatsache. Wer weiß…

Danach setzten wir per nächtlicher Autofähre auf die Insel Bohol über. Auch hier hatte ich Bedenken bezüglich eines touristischen Überlaufs, denn nahezu jeder Reisende kommt früher oder später nach Bohol. Wir wählten daher ein Hostel außerhalb der Stadt Tawala, die wir die Touristenhochburg wähnten. Und tatsächlich: Unser Hostel war in einer ruhigen Seitenstraße nahe dem Strand und nicht weit weg von der Hauptstadt Tagbilaran. Diese Lage brachte uns zwei Vorteile. Zum einen konnten wir abends ungestört am Strand ein Bier trinken und dabei tatsächlich recht viele Sternschnuppen sehen (circa 10 in nur einer Stunde). Und zum anderen waren wir immer schnell in Tagbilaran, wenn wir mal etwas Besonderes essen wollten. Zum Beispiel waren wir bei einem All-You-Can-Eat für Meeresfrüchte, wo man sich frische Krabben, Schrimps, Muscheln, Kraken und ähnliches an den Tisch holte und ähnlich eines Raclettes auf dem eigenen Grill zubereitete. J erklärte mir erst kurz vor Schluss, dass man in den Philippinen Strafe zahlt, wenn man seinen Teller beim All-You-Can-Eat nicht aufisst. Das führte dazu, dass ich mich gegen jedes Hungergefühl vollstopfen musste, da ich kurz vorher noch Schrimps und Kraken geholt hatte.

Von unserem kleinen Hostel als Basis aus, steuerten wir verschiedene Orte auf der doch recht großen Insel an. Darunter auch zwei echte Touristenattraktionen: die Chocolate-Hills, kleine runde Hügel, die im Herbst aufgrund ihrer bräunlichen Farbe an Schokolade erinnern. Und eine Tarsier-Aufzuchtstation, in der scheinbar die kleinen Koboldmakis vor dem Aussterben bewahrt werden. Ob die Arbeit der Station tatsächlich in erster Linie dem Tierschutz dient oder ob es sich um eine Touristenattraktion handelt, kann ich nur schwer sagen. Die wenigen Makis, die ich sah, waren jedenfalls von Wärtern bewusst in bestimmten Bäumen platziert worden und hunderte Touristen halten ihnen täglich ihre Kameras ins Gesicht. Nach Aussage eines Wärters jedoch finanzieren diese Show-Äffchen die Aufzucht hunderter Makis. Das kann schon sein – trotzdem denke ich, dass man diese Tarsier-Aufzuchtstation nicht zwingend gesehen haben muss.

Doch die Insel hat darüber hinaus sehr viel zu bieten. In erster Linie gibt es wunderschöne Regenwaldgebiete, in denen man teilweise spazieren kann (zu wandern scheint man hier nicht). Und zum Anderen gibt es viele große Reisfelder zu entdecken. Natürlich verbrachten wir auch genug Zeit am Strand, der allerdings recht felsig ist.

Von Bohol aus fuhr ich am Freitag zurück nach Cebu und flog gestern nach Palawan, wo ich den zweiten Teil meiner Reise beginnen möchte. J flog zurück nach Manila, um mit ihrer Familie Weihnachten zu feiern. Doch scheinbar vermisst sie das Reisen, denn bereits heute hat sie einen neuen Flug gebucht und wird mich bald auf Palawan treffen. Vielleicht gelingt es uns ja, eine einheimische Familie zu finden, die uns zu Weihnachten aufnimmt.

Die ersten Tage auf den Philippinen waren spannend und wirklich toll. Ich freue mich sehr auf die restliche Reise, von der ich zu gegebener Zeit wieder berichten werde.

Vielen Dank fürs Lesen. Ich freue mich, in den Kommentaren von euch zu hören.

Bis bald,
Jonas

 

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2 Antworten

  1. kema sagt:

    We schon von früheren Reisen her gewohnt – ein sehr ausführlicher Bericht und schöne Bilder, die mich deinen Bericht nachempfinden lassen. Gute Reise… 🙂

  2. Erwin sagt:

    Schön von dir zu hören, Jonas. Vielen Dank für den interessanten Reisebericht und die tollen Fotos. Die grüne Hügellandschaft und die riesigen Fischschwärme sind besonders beeindruckend für mich. Und natürlich auch, das du dich an den Balut getraut hast…Da wird mir schon beim Lesen etwas anders… Weiterhin viel Joy beim Reisen und ich drücke die Daumen, das ihr/du gut zu Weihnachten unterkommt. Schöne Grüße aus der winterlichen Heimat, Onkel E.

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