Eine Stadt in den Wolken

Liebe Leserinnen und Leser,

Heute schreibe ich euch aus Deutschland. Ich bin offiziell wieder in der Heimat. In einer kalten, grauen Heimat, wohlgemerkt. Aber lange dürfte der Frühling auch nicht mehr auf sich warten lassen.

Die Reise ist zu Ende!

Schwer zu glauben. Aber nach sieben Monaten bin ich wieder zu Hause und kehre in einen mehr oder weniger normalen Alltag zurück. Ich schreibe nun den (vorerst) letzten Artikel über Ecuador: Es geht um die Hauptstadt Quito! Mit einer Lage auf 2850 Höhenmetern gibt es keine Hauptstadt auf der Welt, die sich weiter oben befindet. Auch Katmandu liegt deutlich tiefer als Quito.

Quito ist eine echte Großstadt. Fast zwei Millionen Menschen wohnen hier, also knapp halb so viele wie in Berlin. Trotzdem hat sich die Stadt für mich ruhig und klein angefühlt. Die meiste Zeit haben wir uns in der Altstadt aufgehalten, einem sehr niedrig gebauten und verkehrsarmen Viertel. Wir wohnten im Hostel Secret Garden, das ich wohl als schönstes Hostel auf unserer Reise bezeichnen würde. Hier hatten wir eine gemütliche Basis für unsere Touren, wohnliche Zimmer und Aufenthaltsräume, gute Bäder und schnelles Internet. Und vor allem eine tolle Dachterrasse mit Blick über die Altstadt, auf der auch Frühstück, Abendessen und das Feierabendbier serviert wurden. Es ist ein wirklich schönes Hostel, in dem man gerne länger bleibt.

Wir waren insgesamt eine Woche lang hier und haben uns für die Stadt sehr viel Zeit genommen.

Quitos historisches Zentrum

Direkt vor unserem Hostel lag das historische Zentrum der Stadt, hier genannt das „Centro Histórico“. An mehreren Tagen sind wir einfach durch die Stadt geschlendert, denn hier gibt es sehr viel zu entdecken. Man findet viele Kirchen, die allesamt recht prunkvoll sind – teilweise sogar ausgekleidet mit Gold. Uns wurde erzählt, dass man es von den damaligen Ureinwohnern gegen Spiegel eingetauscht hatte. Außerdem gibt es große Märkte, mehrere Klöster, Kunstgalerien und ein kostenloses Theater. Das Viertel ist sehr vielseitig und kulturell breit aufgestellt. Man braucht auf jeden Fall mehrere Tage, um alles auf sich wirken zu lassen.

Direkt hinter dem historischen Zentrum liegt der Berg Panecillo, und obendrauf steht eine 41 Meter hohe Madonna aus Aluminium, die schützend über die Stadt wacht. Obwohl das Viertel zu Füßen der Madonna als besonders kriminalitätsbelastet gilt, ist es lohnenswert, nach oben zu gehen (am sichersten per Taxi oder Bus), denn vom Gipfel des Berges aus kann man Quito und die anliegenden Berge überblicken.

Handwerksmarkt in Otavalo

Ungefähr zwei Stunden nördlich von Quito liegt die Kleinstadt Otavalo, die überwiegend von indigenen Personen des Kichwa-Volkes bewohnt ist. Jeden Samstag gibt es hier einen riesigen Markt, der sich über den Marktplatz und die anliegenden Straßen erstreckt. Um den ganzen Markt zu sehen, muss man mehrere Stunden einplanen, denn das Areal ist riesig. Otavalo war unser letztes Reiseziel außerhalb Quitos. Wir fuhren in die Stadt, um uns mit warmen Sachen für Deutschland einzudecken. In einer kleinen Gruppe sind wir frühmorgens mit dem Bus von Quito nach Otavalo gefahren, und haben den ganzen Tag damit verbracht, Hängematten zu sichten, Ponchos anzuprobieren und zu verhandeln. Die Vielfalt des Marktes ist unglaublich. Neben allen Arten von Wollprodukten wie Ponchos, Decken, Schals, Kissen und Hängematten gibt es auch jede Menge Schmuck, Geschirr, Werkzeuge, Gemälde und andere Kunst sowie ein reichhaltiges Angebot an Essen und außerdem einen Gemüsemarkt. Wir waren viele Stunden unterwegs. Am Ende hatte ich einen Schal, einen gewebten Poncho und einen sehr warmen, gefütterten Pullover  aus Lamawolle gekauft, alles handgemacht und in sehr guter Qualität. Bezahlt habe ich für alle drei Dinge circa 60 Dollar. Ich weiß nicht, ob es mir gelungen ist, gut zu verhandeln, aber ich finde das verhältnismäßig sehr günstig. Ich bin mit meinen Einkäufen wirklich zufrieden. Es gibt so viele schöne und ausgefallene Dinge hier, sodass sich Otavalo besonders für baldige Heimkehrer und den letzten großen Einkauf lohnt.

Auf dem Gipfel des Pichincha

Am allerletzten Tag unserer Reise haben wir uns nochmal zu einer Großtat aufgerafft. Wir haben den Pichincha-Vulkan bestiegen, und auf dem 4700 Meter hohen Gipfel einen neuen persönlichen Höhenrekord aufgestellt. Diese Wanderung war eine der schwierigsten auf unserer gesamten Reise. Von Quito aus kann man recht einfach mit der Seilbahn auf 4000 Meter Höhe rauf fahren, und ist somit nur noch 700 Meter unter dem Gipfel. Der Weg zur Spitze ist lediglich 4 Kilometer weit. Insofern sah alles nach einer recht einfachen Wanderung aus, aber einige Schwierigkeiten sind uns sofort begegnet.

Zum einen war die Höhe sehr deutlich zu spüren. Selbst am Anfang, als der Wanderweg noch nicht steil war, hatten wir beide sehr zu kämpfen. Denn auf über 4000 Metern Höhe ist die Dichte der Luft und somit die Menge an Sauerstoff pro Lungenfüllung viel geringer. Man atmet sehr viel schneller und ist deutlich angestrengter, und das auch bei recht einfachen Wanderungen.

Die Wanderung wurde aber sehr bald noch viel schwieriger. Denn am Fuße des Vulkans angekommen, führte der Weg über ein sehr steiles Feld aus Vulkanasche hinauf, und mit jedem Schritt rutschte man auch wieder ein ganzes Stück zurück. Der letzte Teil der Wanderung war der schwerste, denn vom oberen Rand des Aschefeldes mussten wir dann noch eine steil abfallende Felswand hinaufsteigen. Die letzten 500 Meter des Weges haben uns auf diese Weise ungefähr eine Stunde gekostet, aber immerhin: Wir sind ganz oben angekommen – auf 4700 Meter Höhe!

In Ecuador ist gerade Regenzeit und deshalb war ein klarer Himmel von vornherein nicht zu erwarten. Auf dem Gipfel standen wir quasi in den Wolken. Trotzdem war es schön, denn gelegentlich öffneten sich die Wolken etwas und man hatte einen (silhouettenhaften) Blick in den Krater und auf die umliegenden Gipfel. Eine sehr gespenstige Atmosphäre! In den Sommermonaten ist diese Wanderung noch lohnender, denn dann hat man in der Regel deutlich besseres Wetter und kann an manchen Tagen bis zum Cotopaxi schauen, der ungefähr 70 Kilometer entfernt ist. Aber jetzt im Winter ist das absolut unmöglich, man sollte sich sogar darauf einstellen, dass es hier oben täglich ab 14 Uhr regnet. In unserem Fall traf uns der Regen in Form von Hagel. Circa eine Stunde lang prasselten die kleinen Eisstückchen während des Abstiegs auf uns nieder, bis sich das Eis in Regen verwandelte. Zum Glück waren wir darauf vorbereitet und hatten gute Regencapes dabei.

Die Wanderung war sehr schön. Die Landschaft, sofern nicht von Wolken verdeckt, ist beeindruckend, und irgendwie waren wir am Ende auch einfach stolz, eine so schwierige Tour gemeistert zu haben.

Leider war das unser letzter Tag in Ecuador. Am nächsten Morgen liefen wir ein letztes Mal durch die Stadt und kauften ein paar Andenken, bevor es dann zum Flughafen ging. Dort startete eine 24-stündige Rückreise, von Quito nach Madrid, und von dort nach Frankfurt. Von hier bin ich dann mit dem ICE nach Dresden gefahren. Samstagnacht erreichte ich endlich wieder die Heimat. Nach einer so langen Reisezeit bin ich ganz froh, ein bisschen zur Ruhe zu kommen. Herumreisen und Erkunden ist doch immer recht herausfordernd. Spannend und kurzweilig, auf jeden Fall, aber auch kräftezehrend. Jetzt werde ich also erstmal wieder ein ruhiges, geregeltes Studentenleben führen (soweit das möglich ist) und mich parallel dazu vielen neuen Projekten widmen. Doch bis zu meiner nächsten Reise soll es nicht allzu lange dauern.

Also bis bald,
Jonas

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