Unter Tage
von Jonas · 28. März 2016
Liebe Leserinnen und Leser,
nach über drei Wochen melde ich mich wieder zurück. Ich hatte in letzter Zeit Schwierigkeiten zu schreiben, da mein Handy schwer beschädigt ist und ich auf der Farm keinen Empfang hatte. Die Osterferien habe ich aber genutzt, um in Cairns so einiges zu organisieren. Wehmütig habe ich dabei auch viel Geld in ein neues, hoffentlich zuverlässiges Handy investiert. Außerdem habe ich jetzt eine Vodafone-SIM, mit der ich auch auf der Farm jederzeit Empfang habe. Ich bin jetzt also wieder in der Lage, uneingeschränkt mit jedem zu kommunizieren.
Ich habe in den letzten Wochen weiterhin hart gearbeitet. Sechs Tage in der Woche und täglich circa 12 Stunden sind meine aktuellen Arbeitszeiten. In der Regel habe ich aber am Samstag Zeit, um mich zu erholen, einzukaufen oder einen Ausflug zu machen.
Auf der Farm pflücke ich nicht mehr. Da ich bei einer genauen Zählung des Farmers der schnellste Pflücker war (!), hat man mich befördert und nun helfe ich in der Verpackung. Das Verpacken der Früchte wird von meinen Kolleginnen erledigt, und zwei Männer, einer davon jetzt ich, stapeln die schweren Kisten auf Paletten. Das Arbeitstempo ist hier deutlich schneller und statt acht Stunden arbeite ich jetzt, wie gesagt, circa 12 pro Tag. Aber das wirkt sich natürlich auch auf mein Gehalt aus, also bin ich zufrieden.
Seit dem letzten Blogpost habe ich aber auch einiges unternommen. Heute schreibe
ich mal zwei Einträge. In diesem erzähle ich von meinem Ausflug ins Outback in ein Dorf namens Chillagoe. Im nächsten könnt ihr einen Bericht über ein sagenhaftes Wochenende im „Daintree Regenwald“ lesen.
Aber der Reihe nach. Letztes Wochenende habe ich mich mit vier Kollegen – Ian und Daniel aus Schottland, Holly aus Wales und Johan aus Spanien – auf den Weg gemacht in ein kleines Dorf namens Chillagoe.
Schon die Anreise war ein Abenteuer. Der Ort liegt zwei Stunden von unserer Farm entfernt und ist nur über einen Feldweg zu erreichen. Mit dem oben abgebildeten Sportwagen ging es los. Wir haben Chillagoe ohne Probleme erreicht und haben dort verschiedenes unternommen.
Bekannt ist der Ort für seine vielen Höhlen. Bevor sich das Land hier angehoben hat, war an dieser Stelle nämlich ein Korallenriff, und dieses felsige Riff hat sehr viele sehr tiefe Höhlen, die man größtenteils zu Fuß und ohne Guide erkunden kann. Unter Tage sieht man stellenweise noch die Strukturen der Korallen, und auch einige schöne Tropfsteine sind im Laufe der Zeit gewachsen. Hier ein paar Fotos, die ich in zwei verschiedenen Höhlen gemacht habe:
Nachdem wir ungefähr zwei Stunden lang die Höhlen bestaunt hatten, starteten wir eine Wanderung durch das Outback. Hier findet man nicht die typisch karge und rote Landschaft, es ist hier eher eine grüne Steppe mit vielen einzelnen Felsen. Trotzdem war es unglaublich heiß. Die Wanderung war sehr schön, da mich die Natur echt beeindruckt hat. Der Höhepunkt der Wanderung war aber bildlich und auch im Wortsinne, als wir auf einen der Felsen kletterten. Vom Gipfel aus hatte man einen wunderbaren Rundblick, und auch das kleine Dörfchen Chillagoe mit seinen kleinen Hütten sah man sehr gut.
Insgesamt hat mich die ganze Landschaft ein kleines bisschen an die Sächsische Schweiz erinnert, die zurzeit so fern ist. Aber diese brütende Hitze hatte ich so in Deutschland noch nie erlebt.
Auch wenn man Chillagoe hauptsächlich für seine Felsen und Höhlen kennt, ist die heimliche Hauptattraktion im Ort Tom Prior. Er ist ein mittlerweile sehr alter Automechaniker, der schon seit Ewigkeiten in Chillagoe lebt und alte Ford-Automobile sammelt und repariert. Die Sammlung ist mittlerweile beeindruckend groß und lockt viele Besucher an. Tom erzählt gerne über seine Autos, und wenn er die alten Motoren startet, um sie aufheulen zu lassen, leuchten seine Augen voller Freude. Doch er ist kaum zu verstehen, da seine Stimme inzwischen sehr undeutlich ist. Als er uns mit einem „Au a ou“ begrüßte, mussten wir erst einmal nachdenken, bis wir es als „How are you“ erkannten. Eigentlich wollten wir uns nur kurz umschauen, aber Tom begann, zu jedem seiner Autos Geschichten zu erzählen. Und als er damit fertig war, zeigte er uns noch Fotos von früher und alte Autozeitschriften. Insgesamt verbrachten wir hier dann also mehr als zwei Stunden. Die verschiedenen Autos sind aber auch wirklich beeindruckend. Er hat Sportwagen, Geländewagen und sogar ein paar Militärfahrzeuge.
Ich glaube, dass sich für Tom alles um seine Autos dreht. Er liebt und pflegt sie. Und zwar nur sie. Der Rest seines Grundstücks und seiner Werkstatt ist nämlich ein ziemlich verstaubtes Durcheinander.
Danach haben wir uns noch zu einem Fluss aufgemacht, um ein bisschen zu schwimmen. Bei Dämmerung traten wir den Rückweg an. Unterwegs erwartete uns eine echte Australienerfahrung, leider eine von der traurigen Sorte. Im Dunkeln sprang ein Känguru vor unser Auto und in seinen sicheren Tot. Dabei ist auch der Blinker des Wagens kaputt gegangen.
Jetzt geht es gleich im nächsten Beitrag weiter.
Bis gleich,
Jonas
